Es muss schon bequem sein

Anstehen mit dem Auto am Bankschalter

Ein häufig gehörter Satz hier in den USA ist: “because it is convenient” [weil es bequem ist]. Manchmal hat man den Eindruck, es muss alles möglichst einfach zu bekommen sein und im Überfluß geben. Angefangen von den Portionsgrössen in den Restaurants über die riesigen Packungsgrössen in den Lebensmittelläden, insbesondere bei Costco und Sam’s Club, bis zu den grossen Autos und Häusern. Alles muss möglichst annehmlich sein. Dafür ist der geneigte Amerikaner bereit zu zahlen, natürlich mit der eigenen Kreditkarte.

Auf etwas warten zu müssen, entspricht eher nicht der amerikanischen Mentalität. So kommt das Essen im Restaurant in der Regel innerhalb von 15 Minuten an den Tisch. Auch wird zwischen den Gängen oftmals nur eine kleine Pause gelassen, denn der Gast möchte in der Regel schnell fertig sein. Ein längeres Verweilen am Tisch mag auch der Restaurantbesitzer nicht, denn er möchte an einem Abend den Tisch mehrmals für Gäste nutzen. Da die Mengen beim Essen über eine normale Portionsgrösse hinausgehen, nimmt der Kunde nachher den Rest des Essens einfach in einem Behälter für den nächsten Tag mit.

Beim Autokauf wird das neue Auto in der Regel gleich mitgenommen, ein monatelanges Warten auf ein spezielles Modell ist unüblich. Ansonsten geht der Käufer schnell zum nächsten Händler und wird dort fündig.  Deshalb ist die Auswahl bei den Autohändler riesig, damit jeder sofort das richtige findet.

Aber auch der Umtausch ist meist kein Problem. So bieten Kaufhäuser wie Walmart, K-Mart, Target etc. ihren Kunden eine sehr umfassende Rückgabegarantie. Wenn etwas nicht gefällt, dann bringt man es ohne Probleme zurück und erhält sein Geld wieder. Und man muss sich auch keine Ausrede überlegen, warum man den zwanzigsten Pullover dann doch nicht mehr haben wollte.

Auch war das Drive-By Restaurant eine amerikanische Erfindung. In einem früheren Artikel über die Bank, die Tankstelle, die Apotheke oder sogar die Buchabgabe bei der Bücherei haben wir schon gezeigt, welche Ausmaße dieses “Bitte im Wagen bedienen” angenommen hat. Auf den Parkplätzen auf dem Supermarkt kommt es vor, dass ein Autofahrer in seinem Auto wartet, bis ein Parkplatz in der Nähe des Supermarkt-Einganges frei wird. Dies kann auch gerne ein paar Minuten dauern, das Warten ist ja kein Problem, solange man im klimatisierten Wagen sitzen kann.

Es mag den Käufern erst  nicht auffallen, aber sie zahlen für diese Bequemlichkeiten oftmals einen Mehrpreis. Dies kann bedeuten, dass es gar nicht mehr möglich ist, eine Packung mit vier Litern (!) Mayonnaise zu essen, bevor sie schlecht wird oder aber der Strom, der für den Trockner gezahlt werden muss, weil es keine Wäschespinne oder Wäscheständer mehr gibt. Wenn viele Kunden unerwünschte Waren zurückgeben, werden natürlich auch diese Kosten auf die restlichen Käufer wieder umgelegt.

Bis zum Einbruch des Hausmarktes und der anschliessenden Rezession war Geld hier in den USA nie ein Thema. Das Leben auf Pump war allgemein etabliert. Die ältere Generation wurde von den Jüngeren oft belächelt, warum sie denn so sparsam mit dem Geld umgeht und nicht alles auf Pump finanziert.

Wird es diese Annehmlichkeiten auch weiterhin geben? Viele wird es auch weiterhin geben, denn diese sind tief in der amerikanischen Gesellschaft verwurzelt. Aber es sind sicherlich nicht mehr alle liebgewonnen Eigenheiten beizubehalten. Einige Einwohner scheinen schon jetzt öfter auf das Auto zu verzichten. Wir sehen deutlich mehr Radfahrer, aber auch Fußgänger, in unserer Umgebung. Hier scheint sich ein gewisser Druck zu entfalten, der für ein Umdenken nötig ist.

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